Liebe Freundinnen und Freunde,
ich habe mich entschieden, nicht erneut für ein Mandat im Deutschen Bundestag zu kandidieren. Heute - zu Beginn der Schulferien und damit der politischen Sommerpause in Rheinland-Pfalz und rechtzeitig vor unserer Listenaufstellung im Dezember - möchte ich Euch darüber informieren.
In den vergangenen Wochen und Monaten bin ich von Vielen gebeten worden, noch eine Legislaturperiode „dranzuhängen“; mir ist bewusst, dass ich mit dieser Entscheidung also auch einige Personen enttäuschen werde. Gleichzeitig ist dieser Entschluss in mir über eine lange Zeit gereift. Mandate und Ämter werden in Demokratien auf Zeit vergeben. Politik als Beruf auszuüben, nimmt nun fast ein Drittel meines Lebens ein. Das Mandat im Deutschen Bundestag und vor allem zuletzt mein Amt als Staatsminister im Auswärtigen Amt sind sicherlich das Spannendste und Erfüllendste, was ich bisher in meinem Leben gemacht habe.
Aber Politik ist nun mal nicht mein ganzes Leben. Ich bin mit 29 Jahren Bundestagsabgeordneter geworden. Zwischen Studium und Mandat lagen nur vier Jahre „normale Arbeit“ in meiner Biographie. Schon damals habe ich mir fest vorgenommen, nicht mit 67 Jahren oder älter aus dem Plenarsaal hinaus komplimentiert werden zu müssen. Wenn ich Ende des kommenden Jahres ausscheiden werde, bin ich fast Mitte 40 - und ich möchte schlichtweg in meinem Leben noch einmal etwas anderes machen und auch an meine Familie etwas von dem zurückgeben, womit man mir jahrelang den Rücken freigehalten hat. Gleichzeitig finde ich es wichtig, dass wir uns in meinem Landesverband kontinuierlich erneuern - personell wie inhaltlich. Ich leiste hiermit auch meinen Beitrag dazu, dass wir Grüne in Rheinland-Pfalz zur nächsten Bundestagswahl mit einem Team aus einer guten Mischung aus erfahrenen und frischen Personen antreten können.
Liebe Freundinnen und Freunde,
die Entscheidung, etwas Neues im Leben zu beginnen, ist kein negatives Urteil über die Aufgaben, die ich im Moment erfülle. Im Gegenteil ist sie vielmehr dem Respekt vor diesen Aufgaben und, dass sie auf Zeit vergeben werden, geschuldet. Ihr könnt Euch also darauf verlassen: Ich werde meine Aufgaben als Abgeordneter wie auch als Staatsminister mit dem gleichen Engagement und der gleichen Kraft bis zum Ende meiner Amtszeit ausfüllen. Es ist noch so viel zu tun.
Lange habe ich mich gefragt, was denn der „richtige“ Zeitpunkt zum Aufhören sei. Ich glaube, es gibt ihn nicht wirklich. Meine Entscheidung ist wohl überlegt und sie fühlt sich gut für mich an. Irgendwie ist vielleicht gerade Außenpolitik, erst recht in diesen Zeiten multipler Krisen, immer unvollendet; das ist mir wohl bewusst.
Und ich werde nicht aus der Welt sein. Eine politische Person, die nicht einfach die Abendnachrichten schulterzuckend konsumieren kann, bin ich immer gewesen und werde es auch weiterhin bleiben. Und wenn ihr mich braucht - mit Rat oder Tat - dann bin ich erreichbar.
Dieser Brief ist nicht der richtige Zeitpunkt oder Ort für eine Bilanz. Dafür liegen noch mehr als ein Viertel der Legislaturperiode und große Herausforderungen vor uns. Ob ich am Ende meine Aufgaben gut oder schlecht erfüllt haben werde, das sollen dann andere beurteilen.
Ich danke Euch - im Wahlkreis, im Landesverband und „meiner“ Bundesministerin Annalena Baerbock - von Herzen für das Vertrauen, das ihr über die ganzen Jahre jeden Tag in mich setzt und das ich zu rechtfertigen versuche. Bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stehe ich in der Schuld für all die Jahre, in denen sie mich getragen und manchmal auch ertragen haben. Schließlich danke ich meiner Familie - den Menschen, die ich liebe und die mich lieben - für ihre Unterstützung, Verständnis, Geduld und Zuneigung.
Herzliche Grüße,
Euer Tobias